Die Recherchearbeit in historischen Archiven wirkt auf viele Menschen am Anfang meist sehr komplex und schwer durchschaubar. Doch Scheu braucht hier niemand zu haben – das Forschen im Archiv ist keine Geheimwissenschaft. Nachdem ich jüngst eine Anfrage eines Journalisten dazu bekommen habe, nachstehend mal einige Hinweise und Tipps für die Vorbereitung auf einen Archivbesuch und die praktische Arbeit in einem Archiv zusammengefasst:

Archivrecherche
Akten im Archiv: Wie findet man die gesuchte Nadel im Heuhaufen?

Am Anfang jeder Archivforschung steht der von Geschichtsprofessoren gerne zitierte Satz: „Gute Literaturkenntnis schützt vor bahnbrechenden Neuentdeckungen im Archiv!“ Bevor man also ins Archiv geht, sollte man sich in wirtschaftshistorischer Fach- und Branchen- bzw. gegebenenfalls auch in der einschlägigen Regionalliteratur einen Überblick über den Forschungsstand zu einem Thema verschaffen. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse können zugleich Anhaltspunkte für die Archivrecherchen geben.
Der nächste Schritt ist die Auswahl der möglicherweise infrage kommenden Archive. Hierzu kann man sich auf verschiedenen Online-Portalen über regionale, zeitliche und themenbezogene Zuständigkeiten der einzelnen Archive informieren. Auch der Blick in das Quellenverzeichnis bereits vorhandener Literatur kann Aufschluss über interessante Anlaufstellen bieten.

Linktipps: Archivsuche im Internet

Sind die zu konsultierenden Archive bestimmt, geht es an die konkreten Rechercheanfragen. Das kann für den anfänglichen Erstkontakt per Telefon geschehen. Grundsätzlich empfiehlt es sich aber, die Archivanfragen schriftlich zu stellen und den Archivmitarbeitern etwaige bereits bekannte Eckpunkte genau darzulegen. Mit einer Antwort ist je nach Archiv und dessen Größe meist innerhalb von 14 Tagen, teilweise aber auch erst nach vier Wochen, zu rechnen.
Von den Archivmitarbeitern erfährt man in der Regel die Bestände (Gliederungsgruppen), in denen Informationen zur eigenen Fragestellung zu finden sein könnten. Meist bekommt man auch die Signaturen einiger Archivalien genannt, die man für den Erstbesuch im Archiv vorbestellen kann.

Stichwort Quelle:

Archivquellen verfügen über ein besonderes Maß an Glaubwürdigkeit: Sie wurden zu ihrer Zeit aus einem bestimmten Grund angelegt („Primärzweck“), wie beispielsweise zur Protokollierung einer Vorstandssitzung oder für die Begründung einer Behördenentscheidung. Ihr Zweck lag in der Regel nicht darin begründet, Historikern nachfolgender Generationen Argumente und Bausteine für die Aufarbeitung einer Firmengeschichte zu liefern. Genau das macht entsprechende Überlieferungen als Quellen so interessant.

Da Archive meist nur über eine sehr begrenzte Zahl an Nutzerplätzen verfügen, ist es ratsam, vor jedem Besuch einen entsprechenden Arbeitsplatz zu reservieren.

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Beim Erstbesuch in einem Archiv werden in der Regel die Findmittel (Findbücher, Findkarteien oder Datenbanken) zu den in Frage kommenden Beständen durchgesehen. Anhand der darin verzeichneten Titel- sowie der möglichen Zeit- und Inhaltsangaben gilt es, eventuell interessante Akten (oder auch Journale, Bücher, Karten, Bildsammlungen etc.) zu bestimmen. Diese können dann beim Archivpersonal zur Einsichtnahme bestellt werden.
Gerade in vielen größeren Archiven wird das von allen Nutzern zur Einsicht angeforderte Archivgut nur gebündelt zwei- oder dreimal am Tag aus dem Archivmagazin ausgehoben. Teilweise muss es auch erst aus weiter entfernten Archivaußenstellen herangeholt werden. Allgemein empfiehlt es sich daher, die zur Einsichtnahme gewünschten Materialien zwei bis drei Tage vor dem nächsten Archivbesuch zu bestellen. Genauere Angaben zu Bestellfristen und Aushebezeiten gibt der Benutzerdienst der jeweiligen Archive.
Weitere Tipps zur Archivarbeit gibt’s in Teil II

Quelle: leicht gekürzter Auszug aus meinem Praxis-Ratgeber Historische Kommunikation
Bild (oben): Stefan Emilius / pixelio.de
(Ende) geschichtskombinat.de/04.01.2014/mar

Zur Arbeit mit Archiven (I)
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