Die Recherchearbeit in historischen Archiven wirkt auf viele Menschen am Anfang meist sehr komplex und schwer durchschaubar. Doch Scheu braucht hier niemand zu haben – das Arbeiten im Archiv ist keine Geheimwissenschaft. Nachdem ich jüngst eine Anfrage eines Journalisten dazu bekommen habe, fasse ich nachstehend mal einige Hinweise und Tipps für die praktische Arbeit in einem Archiv zusammen:
(Weitere Tipps insbesondere für die Vorbereitung auf einen Archivbesuch gibt’s in Teil I)
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Herausforderungen bei der Archivarbeit
Bei Archivrecherchen erlebt man schnell die „Faszination originaler Quellen“, die ein Fenster in eine längst vergangene Zeit bieten. Gerade seltene Archivnutzer lassen sich hier schnell dazu verleiten, interessante Informationen zu verfolgen, die für ihr Rechercheprojekt nicht von Belang sind. So wird beispielsweise in einer historischen Zeitung unter anderem die Berichterstattung über einen damaligen Kriminalfall mitgelesen, statt nur gezielt nach der gewünschten Bilanzveröffentlichung zu suchen.
Im Unterschied zu Büchern – in denen sich Informationen über das Inhaltsverzeichnis oder einen Stichwortindex relativ einfach finden lassen – müssen gerade in historischen Akten die gesuchten Informationen oftmals aus einem mehrere Zentimeter dicken Papierstapel herausgesucht werden. Selten finden sie sich auf den ersten oder zweiten Blick in eine Quelle – und selbst bei genauer Durchsicht einer ganzen Akte oder eines Zeitungsbandes erhält man nicht immer die erhofften Informationen. Hier sind Geduld und Frustrationstoleranz gefragt.
Eine weitere Schwierigkeit bei der Recherche in alten Überlieferungen stellen vielfach die handschriftlich verfassten Dokumente dar. Infolge der früher üblichen Schriftarten sind sie heute für viele Menschen nur noch schwer zu lesen. Bei einer undeutlichen bzw. flüchtigen Schreibweise haben auch geübte Archivmitarbeiter ihre Probleme.
Link-Tipp:
Die Universität Zürich bietet auf ihren Webseiten mit „Ad fontes“ ein empfehlenswertes Informationsangebot rund um das Arbeiten in bzw. mit Archiven. Anhand von Beispielen aus dem Klosterarchiv Einsiedeln oder dem Staatsarchiv Zürich lernen Interessierte unter anderem, wie sie Dokumente in einem Archiv finden oder alte Handschriften lesen, datieren und als Quellen auswerten können.
www.adfontes.uzh.ch
Vorsichtige Handhabung
Zur Einsicht erhaltene Archivalien sind stets mit größter Sorgfalt zu behandeln: So sollten beispielsweise schon brüchige Seiten einer älteren Akte sehr vorsichtig umgeblättert werden, um Einrisse zu vermeiden. Bücher oder Zeitungsbände sollten nur soweit geöffnet werden, wie es spannungsfrei möglich ist. Manche Archivalien (wie z.B. Fotos) dürfen zum Schutz vor Handschweiß oftmals nur mit Handschuhen genutzt werden. Akten sollten jeweils nur einzeln geöffnet werden, damit keine Blätter vertauscht werden können. Auch dürfen aus Akten keine Blätter entnommen werden. (Um Kopien einzelner Seiten zu bestellen, werden in der Regel Einlegestreifen genutzt.)
Gerade in größeren Archiven werden häufig nachgefragte Originaldokumente zu ihrer Schonung verfilmt. Nutzer bekommen dann in der Regel nur noch den Mikrofilm (bzw. Mikrofiche) zur Einsicht vorgelegt. Entsprechende Lesegeräte sind in den Archiven vorhanden. Über deren Bedienung informiert die Benutzeraufsicht.
Ärgerliche Restriktionen beim Kopieren
Ein Ärgernis bei der Archivrecherche sind die oft sehr restriktiven Regelungen zur Reproduktion von Archivgut. Angesichts begrenzter Archivöffnungszeiten und/oder umständlicher Archivanreisen wäre eine schnelle Fotografiermöglichkeit für Archivnutzer eine Erleichterung. Doch das ist in vielen (erfahrungsgemäß meist größeren) Archiven nicht erlaubt – offiziell wegen der Belastung durch das Blitzlicht oder aus Datenschutzgründen. Stattdessen wird auf den offiziellen Kopierservice des Archivs verwiesen.
Dabei ist es wenig einleuchtend, dass die mechanische Belastung eines Schriftstücks beim Umweg über den Kopierer geringer sein soll als bei einem blitzlosen Abfotografieren direkt im Benutzerraum. Und auch die Begründung mit dem Datenschutz wirkt meist unglaubhaft – insbesondere wenn es sich um alte Adressverzeichnisse, historische Zeitungen oder Akten aus dem vorletzten Jahrhundert handelt.
Ablieferungspflicht für fertige Arbeiten
In den meisten Archivordnungen ist festgelegt, dass von Chroniken und anderen Geschichtsdarstellungen, in denen wesentliche Informationen aus einem Archiv benutzt wurden, jeweils ein Belegexemplar an das entsprechende Archiv abzugeben ist.
Weitere Tipps zur Archivarbeit gibt’s in Teil I
Quelle: leicht gekürzter Auszug aus meinem Praxis-Ratgeber Historische Kommunikation
(Ende) geschichtskombinat.de/04.01.2014/mar