Durch die Fusion des Deutschen Aero Lloyd mit der Junkers Luftverkehr AG wurde am 6. Januar 1926 in Berlin die Deutsche Luft Hansa AG gegründet. Die Flotte umfasste damals 162 Flugzeuge, die meisten davon waren veraltete Militärmaschinen aus dem Ersten Weltkrieg. Ihren Sitz hatte die Kranich-Linie am Flughafen Berlin-Tempelhof. Von hier startete auch drei Monate später, am 6. April 1926, der erste planmäßige Flug. Mit 20-minütigen Zwischenlandungen ging es in insgesamt knapp sieben Stunden über Halle, Erfurt und Stuttgart nach Zürich.
Mehr zur Geschichte der Lufthansa gibt es – leider ziemlich spärlich dargestellt – auf der Internetseite des Unternehmens (Die Zeit im Fluge) oder ausführlicher unter anderem auf den folgenden Seiten:
- Geschichte der Lufthansa (wikipedia)
- Der Kranich feiert Geburtstag – Lufthansa wird 85! (Austrian Wings)
- Hitlers Schatten-Luftwaffe: vor 85 Jahren wird die Deutsche Lufthansa AG gegründet (WDR)
Vernachlässigte Wurzeln
In der Unternehmenskommunikation scheint derweil das zugegeben eher nur „halbrunde“ 85. Jubiläum kein Thema zu sein. Zumindest im Pressebereich findet sich kein Hinweis darauf. Das mag damit zusammenhängen, dass die heutige Lufthansa rein rechtlich keine Nachfolgerin der nach Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 liquidierten namensgleichen Vorgängergesellschaft ist. Stattdessen hat der Konzern ja erst 2005 sein 50. Jubiläum gefeiert (Beispiele der damaligen Berichterstattung bei Spiegel Online und FAZ.net).
In meinen Augen ist es sehr schade, dass der Konzern so seine historischen Wurzeln vernachlässigt. Denn auch wenn die Deutsche Lufthansa nach dem Zweiten Weltkrieg rechtlich gesehen neu gegründet wurde, hat sie doch neben früherem Personal auch den Namen und das Kranich-Logo von ihrem Vorgänger übernommen. Und wenn es auch nicht das klassische Jubiläumsjahr ist, könnte man zum 85. Gründungstag doch eigentlich zumindest einen kurzen Hinweis auf die lange Firmentradition erwarten – selbst wenn diese gerade in der Zeit vor 1945 auch ihre Schattenseiten hat. Aber vielleicht hat man bei den Verantwortlichen dieser Tage einfach nur andere Sorgen oder misst womöglich allgemein dem Bereich Historische Kommunikation eher wenig Bedeutung bei – was dann auch die oben schon angesprochene vergleichsweise lieblose Darstellung (mein subjektiver Eindruck) der eigenen Konzerngeschichte erklären würde.
Abschließend noch ein Buchtipp dazu: Wer sich ausführlicher über die Geschichte der Deutschen Lufthansa informieren möchte, möge mal einen Blick auf das Buch „50 Jahre Lufthansa. Eine Erfolgsgeschichte in Fakten, Bildern und Daten“ werfen. Es ist jetzt mit einem deutlichen Preisabschlag bei amazon.de zu haben (gebundene Ausgabe für 7,95 Euro statt früher 21,95 Euro).
Quelle: siehe Links
(Ende) geschichtskombinat/06.01.2011/mar
Ich glaube ja eher nicht, dass es an mangelnder Zeit in der PR-Abteilung liegt, sondern dass man bei der Lufthansa wohl lieber bewusst die Finger von der Geschichte vor 1945 lässt. Kritische Aspekte gibt es da ja einige: Ab 1933 galt die Lufthansa – da das Deutsche Reich ja offiziell keine eigene Luftwaffe haben durfte – sozusagen als „Schattenluftwaffe“, in der Piloten ausgebildet und Teile der Flotte als spätere Bomber geparkt wurden. Während des Krieges dienten Lufthansa-Einrichtungen dann als Werkstätten für die Luftwaffe, in denen auch Zwangsarbeiter beschäftigt wurden. Darüber gab es vor einigen Wochen/Monaten auch gerade erst einen interessante Dokufilm: „Fliegen heißt siegen“ (mehr z.B. hier: http://www.klassiker-der-luftfahrt.de/de/historie/news/arte-und-ard-zeigen-lufthansa-geschichte-im-dritten-reich.27934.htm).
Meinst Du nicht, dass Du das etwas eng siehst mit dem 85. Jubiläum? Das ist doch alles andere als etwas rundes… Und dass sich die Lufthansa nicht um ihre übernommene Vergangenheit kümmert, kann man ja auch nicht so sagen. In einem der obigen Links steht ja auch, dass sich das Unternehmen an dem Entschädigungsfonds der deutschen Wirtschaft für NS-Zwangsarbeiter beteiligt hat.
@Paradon: Ja, 85 Jahre ist kein rundes Jubiläum. Das habe ich oben auch schon angeführt. Trotzdem ist es als Thema immer noch bedeutsam genug, dass es von verschiedenen Medien aufgegriffen wurde – darunter sogar von einer Zeitung aus meiner Schweizer Wahlheimat (http://bazonline.ch/leben/gesellschaft/-85-Jahren-Die-Lufthansa-hebt-ab/story/20147025). Insofern ist es ein Anlass zur Kommunikation. Was dann kommuniziert wird, darüber könnten man dann immer noch geteilter Ansicht sein: Entweder die Nachricht, dass das Vorgängerunternehmen vor 85 Jahren gegründet wurde und die heutige Lufthansa damit formaljuristisch nichts zu tun hat – eine bequeme Position, die angesichts der schon angesprochenen Übernahme von Marke, Logo und Teilen des Personals allerdings nur bedingt glaubhaft erscheint. Oder man setzt ein Zeichen, dass man – immerhin mehr als 65 Jahre nach Kriegsende – Verantwortung übernimmt und sich der Aufarbeitung der NS-Verstrickung stellt. Immerhin haben etliche Großbanken, Autokonzernen und anderen Unternehmen ihre eigene NS-Vergangenheit in den vergangenen Jahren schon thematisiert – und sind mit ihrer Offenheit meiner Meinung nach in der Öffentlichkeit nicht schlecht gefahren. Insofern kann ich mir auch nicht vorstellen, dass bei einer angenommenen breiten Veröffentlichung der NS-Vergangenheit künftig weniger Passagiere mit der Lufthansa fliegen würden. Und darüber hinaus würde der Konzern so auch den Weg dafür frei machen, um beispielsweise die früheren fliegerischen Pionierleistungen vor der NS-Machtergreifung für die Historische Kommunikation nutzen zu können.
Was den Entschädigungsfonds betrifft, so ist das imho kein klares Argument. Hier stellt sich die Frage nach den Beweggründen für eine Beteiligung daran: War es tatsächliche Überzeugung, Wiedergutmachung leisten zu müssen? Oder war es eher der damalige öffentliche Druck (Stichwort schwarze Listen / Boykottaufrufe) bzw. drohende oder tatsächlich angestrengte Gerichtsklagen? Das kann ich für die Lufthansa nicht beurteilen.
@Peter: Danke für den Hinweis auf die Doku.
Noch ein Nachtrag: Wenn wir den 85. Geburtstag der (alten) Lufthansa mal außer Acht lassen – stellt sich die Frage, inwiefern das heutige Unternehmen zum offiziellen 50. Jubiläum 2005 die NS-Zeit thematisiert hat. Weiß jemand mehr dazu?
Pingback:85 Jahre (alte) Lufthansa | GeschichtsPuls
Ich verlinke mal kurz zwei FAZ-Beiträge aus 2010 zur Lufthansa-Doku und der Zwangsarbeiter-Problematik (hoffe, das ist ok):
– http://www.faz.net/s/Rub510A2EDA82CA4A8482E6C38BC79C4911/Doc~E07CFC97658854A8ABBD8DF561FE1A71B~ATpl~Ecommon~Scontent.html
– http://www.faz.net/s/RubBEFA4EA6A59441D98AC2EC17C392932A/Doc~EF01BDA02A86E42B4B954732D5207356B~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Darin wird unter anderem erwähnt, dass ein Historiker Lutz Budraß eine Zwangsarbeiter-Studie für die Lufthansa erstellt hat, diese aber vom Unternehmen nicht publiziert wurde. Das finde ich schon sehr bezeichnend für den Umgang mit der eigenen Geschichte…
zu der von Bruno angesprochenen Studie „Die Lufthansa und ihre ausländischen Arbeiter im Zweiten Weltkrieg“ siehe: http://homepage.rub.de/lutz.budrass/pub.html
Angeblich kann die Studie über die Kommunikationsabteilung der Lufthansa bezogen werden.
Danke für den Hinweis. Werde da mal nachfragen – sobald ich den Kopf wieder etwas freier habe…
Wegen eines sehr überdurchschnittlichen (und für mich nicht erklärlichen) Aufkommens an Spam-Kommentaren sehe ich mich leider gezwungen, die Kommentar-Funktion für diesen Artikel zu deaktivieren.